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Das Automobil-Forum des Veteranen-Fahrzeug-Verbandes (VFV)


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Dannoso Offline

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Beiträge: 79

30.09.2008 13:27
„Was macht’n der noch so...?“ Thread geschlossen

...über Frager und Antworten.

Ein wesentlicher Aspekt unseres Hobby ist das starke Publikumsinteresse welches unseren Fahrzeugen entgegengebracht wird. Seltsamerweise im krassen Gegensatz zur allgemeinen politischen Verteufelung des Objektes Auto an und für sich. Den damit verbundenen Wissensdurst des Publikums zu befriedigen ist zwar manchmal lästig, aber auf Grund der recht elementaren Fragestellungen jedoch vergleichsweise einfach zu beantworten!

Wichtig und unerlässlich für das Publikum ist anscheinend die Zuordnung in ein fest gefügtes Weltbild, welches Besitzer und Fahrzeug in eine Schublade verfrachtet. Man könnte fast meinen alle diese Frager haben das gleiche Verkaufstraining besucht: „Wie ermittle ich mit möglichst wenigen Fragen das Budget des Kunden?“. Zumindest Ablauf und immer wieder fast gleichlautende Fragemuster, ähnlich einer Telefonaquise, lassen diese Vermutung zu.

Hier nun eine „nach oben offene“ Skala der bevorzugtesten Fragestellungen. Teils selbst erlebten aber auch einiges vom Hörensagen.

Erstes und Wichtigstes ist die Beantwortung nach Typ und Hersteller des Fahrzeuges. Hier kann man zwei Personengruppen unterscheiden: die der „Selbstbeantworter“ und die der unerschrockenen Frager. Wobei die Gruppe der Frager im ersten Moment als die bei weitem intelligentere erscheint, Sie geben einfach unumwunden zu es nicht zu wissen. Allerdings wird eine Antwort in Form eines heutzutage nicht mehr geläufigen Herstellers eher mit einem ungläubigen Grunzlaut quittiert. Antwortet der Oldtimerbesitzer dagegen mit einem entschlossenen „Mercedes“ oder „BMW“, ist die Welt in Ordnung! Ja, da kennt man sich aus. Und außerdem hatte Onkel Willi damals ja auch genau so Einen. Das Onkel Willi diesen im zarten Babyalter erworben haben muss, ist dabei dann völlig zweitrangig. Genauso unwichtig ist es ob es sich tatsächlich um einen BMW oder vielleicht gar um einen EMW handelt, denn so wirklich interessiert das den Frager denn doch nun nicht. Wichtiger ist eigentlich das Kommunikationsbedürfnis und die Tatsache das Onkel Willi eben auch so Einen hatte und man sich ja durch diese Tatsache quasi auch als „beinahe“ Oldtimer Besitzer zu erkennen gibt.

Die Gruppe der „Selbstbeantworter“ dagegen liegt von der Treffergenauigkeit fast immer daneben. Dieser Personenkreis versucht immer und überall mitzureden und tut vermeintlich profundes Fachwissen der staunenden Umwelt ungefragt kund. Ein etwas größeres Vorkriegsfahrzeug mit verchromter Kühlerfigur avanciert fast automatisch per bewundertem Ausruf des Kenners zu einem Rollce Royce. Flache, geschlossenen und noch dazu rote Fahrzeuge, werden selbstverständlich als Ferrari betitelt, man kennt sich eben aus! Selbst Moderatoren der diversen Oldtimer Veranstaltung kommen recht peinlich ins schleudern, wenn das Fahrzeug aus welchen Gründen auch immer, nicht dem im Programmheft ausgedruckten entspricht. Ein realer Mercedes wird dann schon mal vom Moderator „von Programmheftes Gnaden“ als DKW tituliert und gewinnt prompt den Pokal für das älteste angereiste DKW Fahrzeug. So erlebt von einem guten Oldtimerbekannten. Etwas weniger „Fachwissen“ wäre hier eben mehr. Andererseits ist diese Gruppe mit den selbstgetroffenen Zuordnungen hochzufrieden. Wir sollten es mit einer gewissen vornehmen Zurückhaltung einfach dabei belassen.

Ein weit geschickteres Vorgehen legen da „Selbstbeantworter“ mit den berühmten Adleraugen an den Tag. Als Erstes wird dezent auf Embleme und Nummernschilder gepeilt, welche oft einiges an verwertbaren Hinweisen hergeben, um dann im zweiten Schritt die so gewonnenen Erkenntnisse laut im Brustton der Überzeugung herauszuposaunen. Regelrecht fuchsig wird diese Kategorie, wenn gar Embleme fehlen oder auf Nummernschildern „falsche“ Informationen zu finden sind. Entgangener Lustgewinn wird dem Fahrer des Oldtimers unterstellt! Ich selbst wurde nach mehrmaliger Umrundung meines Fahrzeuges von einem Besucher verärgert gemaßregelt: „Wo sind denn da die Embleme!?“. Mein Hinweis, dass diese einem interessierten „Sammler“ zum Opfer gefallen seien, konnte den Verärgerten Kenner nur teilweise besänftigen.

Nun, da die wichtige Frage nach dem Hersteller beantwortet ist, ist es jetzt unabdingbar notwendig gezielt den Geldbeutel des Besitzers zu ermitteln. „Was kost’n der so...“ ist hier die am häufigsten gestellte Frage. Da man sich hier hart an der Grenze der Peinlichkeit und auch des „nicht antworten wollens“ bewegt, gilt es höchst sensibel und mit einem abschätzenden Seitenblick auf den Frager eine Antwort zu formulieren. Denn irgendwie wollen wir ja das Image der Oldtimerei nicht unbedingt in die sowieso schon negativ besetzte Ecke: „Wir da oben, Ihr da unten“ stellen. Glücklich, wem es jetzt gelingt mit einem Witz diese eh’ nur rhetorische Frage zu überspielen. Denn eigentlich steht die Antwort für den Fragesteller schon fest. Amüsant dabei zu beobachten, das Vorkriegsfahrzeuge, unabhängig von Ihrem tatsächlichen Wert, immer zu teuer eingeschätzt werden. Nachkriegsfahrzeuge mit eleganten, zeitlosen Karosserien unter Wert und Cabrios immer teurer als Limousinen eingeschätzt werden. Das mag mit emotionalen Werten zu tun haben, weniger mit Wissen um den wirklichen Wert der Fahrzeuge.

Aber ist die Frage nach den „Kosten“ eines Fahrzeuges andererseits nicht irgendwie irrelevant? Denn damit wird doch impliziert unterstellt, dass man das Fahrzeug, so wie es da steht auch kaufen könne. Das ist ja bekanntlich nicht unbedingt der Fall. Keinem würde in den Sinn kommen den Besitzer eines Picasso zu fragen was er denn so kostet? Ein Frage nach dem heutigen Markt- oder auch Auktionswert würde den Frager eher in Richtung Kenner der Materie rücken. Aber ein Solcher würde die „Kostenfrage“ sowieso nie stellen.

Wenn bis hierhin alles geklärt ist, kommt in 98% aller Fälle meine persönliche Lieblingsfrage: „Was macht’n der noch so?“, meist verbunden mit einem mitleidigen Lächeln und der Betonung auf „noch“ gelegt. Irgendwie ist hier immer ein negativer Beigeschmack zu spüren: wer Alt ist – bringt’s nicht mehr! Sei es drum, jetzt gilt es für den Oldtimerbesitzer, im vollen Bewusstsein der vorhandenen bzw. nicht vorhandenen PS, Bremskräften und Straßenlage, eine für beide Seiten befriedigende Antwort zu finden. Ein Angabe der tatsächlichen möglichen Höchstgeschwindigkeit verbietet sich in manchen Fällen fast von selbst. Vorkriegsfahrzeuge mit potenten Motoren können vom Fahrer eines neuzeitlichen Mittelklassewagens von ungläubigen Staunen bis zur frustrierten Reaktionen: „Komm’ Mutti mer’ gehn!“ so ziemlich alles erleben. Denn das dieses alte Ding das eigene, innig geliebte Auto in Grund und Boden fährt, ist für so manch’ einen emotional einfach nicht zu verkraften.

Langsamere, PS schwächere Oldtimer haben es hier einfacher, der Symphatieeffekt überwiegt bei weitem. Hier kann man ruhig ein paar km/h draufpacken, ein wohlwollendes Nicken und mitleidige Kommentare wie „Ach, doch so viel...“ sind so gut wie sicher. Man merkt regelrecht wie der Gespächspartner ein Zucken des Armes unterdrückt, mit dem er uns symbolisch tröstend auf die Schulterklopfen will. Merke: Schwache und Alte haben es manchmal eben doch leichter.

Nach diesen drei Frageklassikern gleitet die Diskussionen meist in diffusere Gebiete ab, welche manchesmal doch leichten Zweifel über den Geisteszustand des jeweiligen Gegenübers aufkommen lassen.

Besonderer Beliebtheit erfreut sich da die Fraktion der „Blechklopfer und Reifentreter“. Der Kommentar „Das war noch Blech!“ nach obligatorisch beherztem klopfen auf dem Kotflügel, ungeachtet ob es sich um Aluminium oder vielleicht um eine Italienische Superleicht Konstruktion handelt, ist Standard bei dieser Spezies. Ein Oldtimer Besitzer könnte hier mit der Gegenfrage aufwarten, wo denn der Wagen des Blechspezialisten stehe? Und an diesem die Prozedur ebenfalls durchführen, falls es wieder erwarten zu Verformungen kommen sollte, dieses mit einem beherzten „Ja, das ist eben kein Blech mehr!“, kontern. Wie gesagt für die Beherzten unter uns, normalerweise sollte man dieses einfach ignorieren, eine Diskussion um Eigentumsrechte usw., usw. bringt da nichts.

Gleich hinter den Blechklopfern agieren die Aktiven Besucher der diversen Oldtimerveranstaltungen. Diese unterziehen sich nicht der Mühe des Fragens, sondern setzen sich schon mal testhalber selbst hinter das Steuer. Da mir das „am eigenen Auto“ schon widerfahren ist, steht man diesem Verhalten relativ sprachlos gegenüber. In meinem Falle war es ein Bus Französischer Touristen, aus deren fröhlich palavernder Mitte sich ein Berufener hinter das Volant meines damals neu restaurierten Wagens klemmte. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos, denn mein Französisch ist nun mal nicht vom Besten. Wie „stahlhart“ erst müssen da die Nerven des Opel Kapitän Besitzers gewesen sein, als ein derartiger, ungebetener Besucher beim Aussteigen nebenbei gleich noch zwei Autotüren demolierte? Um sich dann klammheimlich zu verabschieden. So erlebt auf einem Opel Treffen.

Na und erst die Ökovertreter. Welche häufig nichts anderes im Sinne haben als dem Oldtimerfahrer ein schlechtes Umweltgewissen auf die Seele zu reden. Deren, mit aller Überzeugungskraft vorgebrachte Feststellung: „Fährt denn der ohne Blei?“, zeugt von tiefsitzendem plakativen Unwissen in technischer als auch historischer Hinsicht. Hier eine vernünftige Antwort zu formulieren ist eigentlich unnötig, da der „Suggestivfrager“ sowieso schon den alleinigen Verursacher aller Umweltprobleme erkannt hat und die Besitzer dieser „Stinker“ eigentlich doch nur vorführen will. Der abwertende Blick auf die Tropfen der fürsorglich parat gelegten Ölpappe unterstützt noch den sendungsbewussten Ökovertreter. Wer Spaß daran hat sich in endlosen Diskussion zu verstricken, kann ja mit einfachsten Argumentationen, wie die geringe Kilometerleistung pro Jahr oder den benötigten Energieaufwand zur Produktion eines modernen Autos ansetzen. Wer noch mehr Zeit mitbringt kann über den Benzinverbrauch anlässlich eines Sonntäglichen Fußballspiels (siehe Parkplatzbelegung!) oder den Schmutzausstoß eines Großraumflugzeuges argumentieren. Nutzen wird es allemal wenig, besser und viel Nervenschonender ist es diesen Frager schlichtweg aus dem Weg zu gehen.

Um wie viel „besser“ verstehen kann man da doch die stolzen Väter oder Omi’s, welche das rollende Kulturgut Ihren lieben Kleinen ohne Hemmungen nahe bringen wollen. An den Türgriffen zerren ist dabei eher noch harmlos. Selbst mit Eimer und Schippchen wird den Fahrzeugen zuleibe gerückt und auf den so verführerisch einladenden Trittbrettern feinster Parkplatzsplitt gehäufelt. Oder die liebe Kleine welche ohne Unterlass vehement mit den Fäusten die schwer zu beschaffende Bakalitt Hupe bearbeitete, beobachtet von der glücklichen Mutter. Damit man mich nicht falsch versteht, das sind alles authentische und selbsterlebte Vorfälle. Es ist dabei gar keine Frage des Besitzstandes oder des möglichen Schadens, sondern wie „goldisch“ doch die Kleinen an dem ach so putzigen Autochen rumturnen. Selbst der zarteste Hinweis des Besitzers auf die Eigentumsverhältnisse wird häufig mehr als ruppig quittiert: „...nun ham’ se’ sich nich’ mal so...!“ Kritisch wird es nur wenn man dem eigenen Nachwuchs, welchem man das Hobby langfristig nahe bringen will, gewisse Freiheiten am Auto - im vollen Bewusstsein der eventuell zu erwartenden Schäden – erlaubt. Dieses aber von Kindern aus dem Publikum als unausgesprochene Einladung für eine ausgedehnte Turnstunden auf antikem Leder verstanden wird. Wie auch immer man jetzt reagiert, falsch verstanden wird es auf jeden Fall.

Uneingeschränkt lieber ist mir persönlich wenn ein Oldtimer als Hintergrund eines Fotos gewählt wird. Irgendwie ist es mir als Eigner im Ersten Moment etwas peinlich. Aber andererseits ist hier wirkliches, ehrliches Interesse für das alte Fahrzeug zu verspüren, wenn sich Spaziergänger, Paare oder sich einfach nur die Ehefrau vor das Auto stellt und sich stolz vom Familienoberhaupt fotografieren lässt. Vielleicht um es später irgendwelchen staunenden Verwandten oder Stammtischbrüdern zu zeigen. „Ei guck’e mol, des war uf’n Oldtimertreffen in Dingsda...“. Es macht dabei eigentlich keinen Unterschied mehr ob im Hintergrund Neu-Schwanstein oder eben ein Oldtimer zu sehen ist. Kulturgut ist eben Allgemeingut.

Der Leser dieser kleinen Sammlung wird die Eine oder Andere Episode bestätigen können oder sogar noch skurrilere Erlebnisse gehabt haben. Wie auch immer die jeweiligen Reaktionen gewesen sein mögen, wir sollten das Interesse des Publikums so nehmen wie es eben ist. Denn sind es nicht gerade eben diese Frager, welche dem Oldtimerbesitzer mit heimlichem Stolz die Brust schwellen lassen? Oder auch anders ausgedrückt: „Was wäre schon ein Fußballspiel ohne Zuschauer?“

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