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Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 605 mal aufgerufen
 Ich stelle mich vor
Glatzofatz Offline

Mitglied

Beiträge: 9

25.12.2010 23:20
Ein schräges Fossil... Zitat · Antworten

Seid geerdet, Grüsslinge !

im Rahmen meines persönlichen Feldzuges für gepflegte Langeweile habe ich mich nun auch hier eingefunden. Leider kann ich meine Finger öfter nicht im Zaum halten und schreibe gelegentlich etwas viel über meine alltäglichen Erfahrungen mit alten Autos und meist nicht ganz so alten Menschen.
Womit auch schonmal ein Hinweis auf meine Lieblingsepoche gegeben wäre: die wilden Zwanzigerjahre. Fahrzeuge jener Jahre profitieren hier noch von der Abwesenheit technischer Zulassungsvorschriften, während ältere Jahrgänge sich leistungsmässig doch sehr schwer tun im modernen Verkehr.
Angefangen hat meine Alteisensucht schon in den Siebzigerjahren, als es hier noch einige ältere Herren gab, die unbeirrbar mit ihren Vorkriegswagen im Alltag herumfurzten. Damals machte ich als junger Spund öfters die Erfahrung, dass die Besitzer interessanten alten Eisens dieses nur nach vorgängiger Überprüfung der technischen Fertigkeiten des jungen Interessenten herausrückten, wenn überhaupt. Als Junger war man leider oft zu suspekt, und wenn man dann viele Jahre später zusehen durfte, wie die Erben das Geraffel entweder knallhart verschrotteten oder meistbietend verhökerten, war der Reiz verflogen. Damals dachte ich noch, ich würde mich auch eines Tages in diese Tradition der kauzigen Blaukittel einreihen und eines Tages auch mal an einem Voisin herumbasteln, um dann damit die Welt zu entdecken.

Dann kamen die Neunzigerjahre. Plötzlich gab es richtige Oldtimerzeitschriften, die sich von ihren Vorgängern vor allem durch moderne wirtschaftliche Konzepte unterschieden. Der Charme der Bastler, Freaks und festgefressenen Mechaniker wich mehr und mehr recht handfesten Interessen, und die ersten grösseren Oldtimerevents fanden unter grossem Interesse einer breiteren Öffentlichkeit statt. Damit war der Startschuss für den ersten Oldtimerhype gegeben. Zur gleichen Zeit wurden auch rote Autos aus Italien erstmals als Investitionsgut gepusht und erzielten schon eine heftige Wertsteigerung, wenn sie das Werkstor passierten. Ich kenne einige Herren, die mit mehr oder weniger Erfolg Testarossas und F40 horteten.
Dem Hype ist bekanntlicherweise zu eigen, dass er irgendwann zu Ende ist. Die schlaueren Investoren wussten das sicher rechtzeitig, nicht aber all die kleinen Leute, die irgendwelches Alteisen aufgrund des medialen Hypes für sehr wertvoll erachteten. Damals war es absolut an der Tagesordnung, dass einem ein total verrosteter Karmann Ghia für einen fünfstelligen, unverhandelbaren Betrag angeboten wurde.
Es erstaunt mich gelegentlich selber, dass meine Leidenschaft für alte Fahrzeuge diese Epoche überstanden hat. Immerhin mangelte es plötzlich nicht mehr an Gründen, sich kopfschüttelnd abzuwenden. Als Beispiel seien da die plötzlich aufgekommenen Fälschungen erwähnt, von denen man als Leser aktueller Oldtimerzeitschriften bis heute seltsamerweise (...) nur sehr wenig mitbekommt. Als dem Treiben mit der Fälschung einer kompletten und heute an Oldtimeranlässen bestens eingeführten Marke sozusagen die Krone aufgesetzt wurde, war mir plötzlich klar, dass ich nicht mehr dazugehöre.
Oldtimerauktionen lösen bei mir sehr zuverlässig Brechreiz aus. Ich mag nicht dabei zusehen, wie Maschinen, die einst von Menschen mit besonderen technischen Fertigkeiten für Menschen mit besonderen fahrerischen Fähigkeiten gebaut wurden, meistbietend an einen der vielen modernen Menschen verhökert werden, deren grösste Fähigkeit es ist, ohne eigene Wertschöpfung sehr viel Geld zu verdienen. Vielleicht bin ich ja im meinem Innersten immer noch ein verkappter Sozi...

Ich liebe diese Maschinen wegen ihrer vielfältigen und manchmal herrlich absurden Mechanik. Wegen den Geschichten um ihre Herstellung, Geschichten die manchmal nur noch durch die Spuren einer längst verschrotteten Werkzeugmaschine ins Metall des Fahrzeugs geschrieben wurden. Wegen den Konstrukteuren, die noch ganze Fahrzeuge in alleiniger Verantwortung zeichneten, Menschen mit manchmal sehr turbulenten Biografien im Umfeld einer irren Epoche. Um diese grosse Liebe nicht zu einer hirnlosen Leidenschaft verkommen zu lassen, pflege ich seit Jahren ein tiefes Verhältnis zu mehreren alten Werkzeugmaschinen. Als Investition habe ich meine Fahrzeuge nie gesehen, dafür hatte ich auch nie das nötige Geld. Irgendwie konnte ich mich trotzdem immer irgendwie durchwursteln und manchmal, wenn sich eine der seltenen günstigen Gelegenheiten noch ergab, zugreifen.

Mittlerweile hat sich bei mir doch einiges an teils recht ausgefallenem Alteisen angesammelt und ich muss mir keine Sorgen mehr über die Freizeitgestaltung der nächsten Jahrzehnte machen. Allerdings bin ich in einem Punkt renitent: ich habe nur alte Fahrzeuge, und keine sog. "Oldtimer". Dank meiner Werkstatt kann ich fröhlich auf die ganze Industrie verzichten, die sich aufs Melken sogenannter Oldtimerliebhaber spezialisiert hat. Auf den Originalzustand pfeife ich auch mal gerne, wenn spätere Umbauten dem Zweck dienten, das Fahrzeug technisch zu verbessern. Und frage mich sowieso gelegentlich, was das ganze Geschiss um den sog. Originalzustand eigentlich soll, vornehmlich bei Geräten, von denen kaum zwei identische je die Fabrikhallen verlassen haben, und in einer Szene, die sich derart arglos selbst von haarsträubendsten Fälschungen blenden lässt.
Und so darf es auch nicht verwundern, wenn ich zugebe, die letzte Oldtimerzeitschrift vor etlichen Monaten in den Fingern gehabt zu haben. Dafür habe ich auch an Weihnachten Finger, denen man meine Leidenschaft ansieht.
Die Hoffnung, wirklich einmal auf Gleichgesinnte zu treffen, habe ich schon lange aufgegeben. Das ist nicht weiter tragisch, dafür freue ich mich auf interessante technische Diskussionen hier,

mit den besten Wünschen für ein paar weitere frohe Festtage,
Oliver

JoergD Offline

Mitglied


Beiträge: 24

26.12.2010 03:22
#2 RE: Ein schräges Fossil... Zitat · Antworten

Na dann bin ich mal auf weiteres gespannt, bis jetzt hört es sich gut an. Muss aber gestehen, das ich auch eine Replica habe und mich ganz bewusst dafür entschieden habe, da es mir egal ist, ob mein Auto 85 oder 100% falsch ist und ich mehr am Fahren interessiert bin, als über steigenden Versicherungswert nachzudenken. Geschraubt wird natürlich selbst.
Gruss
Jörg

Glatzofatz Offline

Mitglied

Beiträge: 9

27.01.2011 22:04
#3 RE: Ein schräges Fossil... Zitat · Antworten

Hiermit melde ich mich von diesem Forum wieder ab. Ich wünsche allen hier weiterhin frohes Basteln,

adieu,
Oliver

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